Kategorie-Archiv: Projekte

„MEET THE ARTIST“ trifft „WEIMARER REPUBLIK & NS-REGIME“

Aufzeichnung durch den Kulturkanal Ingolstadt (Dr. Isabella Kreim) und intv
Pianist: Jan Gerdes
6. November 2014     Reuchlin-Gymnasium Ingolstadt

Diese beiden Projekte ermöglichen mir, zwei Anliegen miteinander zu verbinden.
„MEET THE ARTIST“ ist ein Projekt der Jugendarbeit des Konzertvereins Ingolstadt. „Dazu besuchen Künstler, die sich auf Einladung des Konzertvereins in Ingolstadt aufhalten, die Schüler in ihren Schulklassen, spielen ihnen Stücke vor, erzählen aus ihrem Alltag und beantworten Fragen der Schüler.“ ( www.konzertverein-ingolstadt.de ). Hier habe ich die Chance, Jugendliche für Musik und Theater zu begeistern, Interesse für Neues zu wecken. Jugendliche von heute sind die Zuhörer und Musiker von morgen. Oft ist es die erste Begegnung mit klassischer Musik.
Das war zu meiner Zeit anders. Ich besuchte das humanistische Reuchlin-Gymnasium Ingolstadt, dort hatte und hat der Musikunterricht einen hohen Stellenwert. Daher freut es mich besonders, dass mich Oberstudienrat Robert Aichner fragte, ob ich sein Projekt „WEIMARER REPUBLIK & NS-REGIME“ unterstützen würde. Mein Liederabend „ALTE HEIMAT – NEUE HEIMAT“ stellt Werke dreier Künstler (Korngold, Strauss, Weill), deren Leben und Werk durch diese Zeit geprägt wurde, nebeneinander.
Hinzu kommt noch etwas Persönliches. Mein Vater Ernst Seiltgen war zu Ende des Krieges 17 Jahre geworden. Er brachte als langjähriger Intendant des Stadttheaters Ingolstadt jedes Jahr ein Stück über die NS-Zeit heraus. Als Jugendliche war ich davon genervt. Heute begreife ich immer mehr, dass wir als Menschen nicht in einem geschichtslosen Raum leben. Wir tragen die Vergangenheit unserer Eltern und Großeltern in uns. Wir sollten diese Geschichte kennen, denn sie beeinflusst unser Leben, schwächt und stärkt unsere Potentiale. Erst mit diesem Wissen können wir uns in der globalisierten Welt zurechtfinden, uns neu erfinden, Standpunkte entwickeln. Schöpfen wir aus unserem Reichtum.

Liederabend „ALTE HEIMAT – NEUE HEIMAT“

Lieder von Korngold, Strauss und Weill
Pianist: Jan Gerdes
5. November 2014     Konzertverein Ingolstadt

Kurt Weill (1900–1950), Erich Wolfgang Korngold (1897–1957) und Richard Strauss (1864–1949): drei Menschen, deren Leben und künstlerisches Schaffen stark durch Nationalsozialismus und 2. Weltkrieg beeinflusst wurde.

Weill und Korngold, beide jüdischer Herkunft, emigrierten in die USA und waren dort sehr erfolgreich. Während sich Korngold nach dem Krieg wieder der „ernsten“ Musik widmete und auf die Anerkennung der „alten Welt“ hoffte, wollte Weill nicht mehr als deutscher Komponist bezeichnet werden. Er hatte seine neue Heimat gefunden. Seine facettenreiche Musik wurde leichter, optimistischer, spiegelte das Lebensgefühl der damaligen amerikanischen Gesellschaft wider.
Richard Strauss, bürgerlicher Herkunft und hoch angesehen, war bei der Machtergreifung bereits 68 Jahre. Seine öffentliche Rolle während der NS-Zeit ist umstritten. Einerseits wurde er Präsident der Reichsmusikkammer und komponierte für Großveranstaltungen, andererseits fiel er beim Regime in Ungnade durch seinen Kontakt mit Stefan Zweig und die Unterstützung der Familie seiner jüdischen Schwiegertochter. Bis zu seiner Oper „Elektra“ (1909) war er mit seiner Musik bis an die Grenzen der Tonalität vorgedrungen. Er verfolgte diesen Weg jedoch nicht weiter und wandte sich in seinem Opernschaffen heiteren und antiken Stoffen zu. Seine Lieder aus den frühen Jahren sind eine feinsinnige Vertonung menschlicher Gefühlswelten. Nicht umsonst spricht man von der weltentrückten „Strauss’schen Seligkeit“.